Wer ist berichtspflichtig?
Artikel 964a ff. des Obligationenrechts verpflichtet Unternehmen «Transparenz über nichtfinanzielle Belange» zu schaffen.
Berichtspflichtig sind (i) Gesellschaften des öffentlichen Interesses, sowie (ii) Gesellschaften, die zusammen mit kontrollierten Unternehmen mind. 500 FTEs im Jahresdurchschnitt in zwei aufeinanderfolgenden Jahren haben, und (iii) mindestens eines der Kriterien überschreiten: (a) Bilanzsumme > CHF20m; (b) Umsatzerlöse > CHF40m.
Gesellschaften des öffentlichen Interesses umfassen (i) Publikumsgesellschaften (Art. 727 OR), (ii) FINMA-Beaufsichtigte (Art. 3 FINMAG), und (iii) Kollektive Kapitalanlagen (Art. 118a KAG).
Publikumsgesellschaften umfassen solche, die (i) börsenkotiert sind; (ii) Anleihenobligationen ausstehend haben; oder (iii) mind. 20% ihrer Aktiven oder ihres Umsatzes zur Konsolidierung in den Konzernabschluss einer Muttergesellschaft einbringen.
Worüber wird berichtet?
Der Bericht über nichtfinanzielle Belange gibt Rechenschaft über Umweltbelange, insbesondere die CO2-Ziele, über Sozialbelange, Arbeitnehmerbelange, die Achtung der Menschenrechte sowie die Bekämpfung der Korruption. Der Bericht enthält diejenigen Angaben, welche zum Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses, der Lage des Unternehmens sowie der Auswirkungen seiner Tätigkeit auf diese Belange erforderlich sind.
Als konkrete Inhaltsanforderungen nennt das Gesetz (i) die Beschreibung des Geschäftsmodelles; (ii) die Beschreibung der verfolgten Konzepte und Strategien sowie deren Sorgfaltsprüfung, d.h. Verfahren und Massnahmen zum Sicherstellen, dass diese Konzepte auch wirklich umgesetzt werden. Verfolgt das Unternehmen kein Konzept, so ist dies zu begründen; (iii) die Darstellung der zur Umsetzung dieser Konzepte ergriffenen Massnahmen sowie eine Bewertung der Wirksamkeit dieser Massnahmen, (iv) die Beschreibung der wesentlichen Risiken (a) die sich aus der eigenen Geschäftstätigkeit des Unternehmens ergeben und (b) die sich – sofern relevant und verhältnismässig – aus seinen Geschäftsbeziehungen, Erzeugnissen und Dienstleistungen ergeben; (v) wesentliche nichtfinanzielle Leistungsindikatoren.
Der Bericht darf sich auf ein nationales, europäisches oder internationales Regelwerk stützen. Dieses ist zu nennen. Trotz der Nutzung eines anerkannten Regelwerks ist sicherzustellen, dass alle Vorgaben des Art. 964a erfüllt sind – nötigenfalls ist der Bericht zu ergänzen.
Der nichtfinanzielle Bericht bedarf der Genehmigung und Unterzeichnung durch das oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgan (d.h. Verwaltungsrat) und der Genehmigung des für die Genehmigung der Jahresrechnung zuständigen Organs (d.h. Generalversammlung).
Transparenz bei Rohstoffunternehmen
Unternehmen, die von Gesetzes wegen zu einer ordentlichen Revision verpflichtet und selber oder durch ein von ihnen kontrolliertes Unternehmen im Bereich der Gewinnung von Mineralien, Erdöl oder Erdgas oder des Einschlags von Holz in Primärwäldern tätig sind, müssen jährlich einen Bericht über die Zahlungen an staatliche Stellen verfassen.
Materialien und Metalle aus Konfliktgebieten und Kinderarbeit
Unternehmen, deren Sitz, Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung sich in der Schweiz befindet, müssen in der Lieferkette Sorgfaltspflichten einhalten und darüber Bericht erstatten, wenn sie (i) Zinn, Tantal, Wolfram oder Gold enthaltende Mineralien oder Metalle aus Konflikt- und Hochrisikogebieten in den freien Verkehr der Schweiz überführen oder in der Schweiz bearbeiten; oder (ii) Produkte oder Dienstleistungen anbieten, bei denen ein begründeter Verdacht besteht, dass sie unter Einsatz von Kinderarbeit hergestellt oder erbracht wurden.
Ergänzungen und Änderungen
Im November 2022 hat der Schweizerische Bundesrat die Berichterstattung über Klimabelange in Anlehnung an die Empfehlungen der TCFD verordnet. Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2024 in Kraft. Die Berichterstattung über Klimabelange erfolgt als Teil der Umweltbelange im Rahmen des nichtfinanziellen Berichts nach Artikel 964a OR. Das heisst, diese Vorgaben sind erstmals für den 2024-Bericht anzuwenden.
Ein Jahr später muss diese Berichterstattung dann auch in einem maschinenlesbaren XBRL-Format eingereicht werden.
Zudem ist zu erwarten, dass die Bestimmungen des OR964a ff. weiter mit dem europäischen Recht harmonisiert werden. Der Bundesrat hat bereits einen Änderungsentwurf bekanntgegeben, mit dem die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU umgesetzt würde.